Segeln im Mittelmeer

Segelwoche vom 28. August bis 5. September 2009

Haarnadel
Haarnadel

28. August 2009

 

Am Freitag morgen stieg ich in Herzogenbuchsee um 06:54 in den Zug . Ausgerüstet mit einer Tasche von 20kg und einem Rucksack machte ich mich auf den Weg nach Palermo.

Schon in Bern stiegen Robert, Claudio und Clemens mit mir in den Intercity nach Domodossola. Noch vor Brig klingelte mein Handy und Claudia war am Telefon und fragt mich, ob in meinem Rucksack noch ihr Portemonnaie sei. Schnell geschaut und gefunden! Nur eben: Claudia sass in Herzogenbuchsee und ich hier im Zug nach Domodossola! Und in ihrem Portemonnaie waren alle ihre Ausweise. Sofort konnte ich einen Schaffner packen und nach einem kurzen Gespräch einigten wir uns, dass Claudias Portemonnaie als Fundware gemeldet wird. Der Schaffner nahm das Portemonnaie an sich und man wird sehen, ob Claudia das Portemonnaie in einigen Tagen empfangen wird. In Domodossola stiegen wir nach Stresa um und dort angekommen, genossen wir den ersten italienischen Kaffee. Der musste aber erst noch verdient sein. Mit all unserem Gepäck mussten wir etwas mehr als 20 Minuten vom Bahnhof ins Zentrum wandern. Nach dem Kaffee stiegen wir in den Bus nach Malpensa.

Der Flug nach Malpensa verlief ganz normal, ohne jegliche Probleme. Mit einer nach unseren Massstäben halsbrecherischen Taxifahrt ging die Reise von Flughafen ins Stadtzentrum weiter. Nicht weit vom Hafen fanden wir das Hotel. Etwa um 16.30Uhr konnten wir einchecken und die Zimmer beziehen.

Wir wollten gerade los in die Innenstadt, als Christian und Stefan (der Skipper) zu uns stiessen. Stefan wollte aber eine Bekannte besuchen und wir andern sechs machten uns danach auf den Weg in die Stadt.

Bei Tageslicht fiel uns auf, dass die Stadt schmutzig ist, viele Gebäude sind am zerfallen. Manchmal waren die Gegensätze von Moderne und Zerfall fast unerträglich.

Das erste Bier in der Stadt erfrischte an diesem schwülwarmen Abend unseren Gaumen. Eine Wohltat in dieser noch tropischen Hitze. Die Feuchtigkeit in der Luft kondensierte an den Bierflaschen und zauberte Tropfenmosaike auf das kalte Glas. Der Kellner brachte uns eine leckere italienische Spezialität zum testen, ein Hotdog ähnliches Gebäck mit Blätterteig umwickelter Wurst und Schinken. Mhhh! Das weckte Lust auf mehr. Für einen späteren Zeitpunkt reservierten wir einen Tisch in der Gartenbeiz. Nachdem wir noch eine Stunde durch die Gassen zogen, war es schon Nacht und endlich genossen wir mit lockeren Sprüchen ein italienisches Abendessen in gediegener Atmosphäre. Auf der Suche nach einem italienischen Eis, begegneten wir noch zwei Spanierinnen. Auf der Dachterrasse des Hotels der Damen erzählten wir uns gegenseitig von unseren Urlauben. Danach gingen wir weiter auf die Suche nach Eis. Endlich gefunden war es nahezu Mitternacht und Zeit zurück ins Hotel zu gehen. Gute Nacht!

Wunderbare Gerüche in Palermo
Wunderbare Gerüche in Palermo

29. August

 

Unglaublich schnell war es morgen. Viel zu schnell. Um sieben klingelte Claudios Wecker. Mit ihm teilte ich das Zimmer der vergangenen Nach. Trotz der Frühe fühlte ich mich erholt. Das Zimmer war klimatisiert und angenehm temperiert. Vielleicht die letzte Nacht ohne Schweiss.

 

Nach dem Frühstück machten wir uns auf den Weg zum Hafen. Palermo besteht aus vielen alten schmalen Gassen. Viele dieser Gassen sind aus kalksteinähnlichen Belägen gefertigt und gerade mal drei Meter breit. Bürgersteige dazwischen gibt es kaum. Man bewegt sich durch eine Schlucht von zerfallenen, alten und neuen Häusern. Viele dieser Gassen sind eng und dunkel. Kein Wunder schwenkt die Inspiration auf mystische Geschichten von Gaunern und Ganoven. Die Armut der Stadt und der Menschen ist offensichtlich. Viele alltägliche Kleinigkeiten welche bei uns in der Schweiz schon lange entsorgt würden, sind hier noch immer in ausgiebigem Gebrauch.

 

Nach dem Frühstück zogen wir über den Markt zum Hafen um zu erfahren, wann wir unser Segelboot einchecken dürfen. Drei Uhr nachmittags frühestens sollte es sein.

Schnell waren wir uns einig, dass wir uns wieder in die Innenstadt begeben wollen um noch einmal etwas „auswärts“ zu essen. Nach dem Essen machten wir uns wieder auf zum Hafen. Wir, in diesem Fall ich und der Skipper, kamen schweiss überströmt da an. Nicht vom eilen, sondern vom unerträglichen und schwülen Klima. So um halb vier konnten wir unsere Ware aufs Schiff laden. Das wurde ja auch Zeit. Die Angst auf Regen kam so schnell, wie sich dunkle Wolken über der Insel bildeten, welche sich schnell einmal in einem Gewitter entluden.

Nun kamen auch die letzten Freunde aus der Schweiz an: Christof, Felix und Marcel.

Nun war die Gruppe komplett und wir konnten zum lang ersehnten Abenteuer starten.

Verzögert wurde das Ablegen dennoch, weil die Abnahme des Bootes ziemlich spät stattfand.

Abends um neun war es soweit. Bereits war es dunkel und der zunehmende Mond säumte uns den Weg. Die Ausfahrt aus dem Hafen war eindrücklich. Langsam rückten die Lichter in weite Ferne. Der Wind wollte nicht richtig aufkommen. Glücklicherweise hatten wir ein Motor am Segelschiff.

Abendstimmung bei der Ausfahrt aus dem Hafen
Abendstimmung bei der Ausfahrt aus dem Hafen

30. August

 

Nach dem Abendessen wurde die Wache organisiert, so dass wir durch die Nacht hindurch fahren konnten. Wir wollten am morgen am Filicudi baden. Bei der Morgendämmerung konnte man bereits den Alicudi erblicken. Den liessen wir links stehen und eine Stunde später, etwa um die Mittagszeit erreichten wir unser erstes Ziel. Das Meer lud uns zum Baden ein und mit dem Beiboot besichtigten wir eine Grotte. Am Abend brachen wir auf und fahren weiter zur Insel Salina. In der Nacht erreichten wir die Insel und ankerten vor dem Hafen von Rinella. Nach einem leckeren Nachtessen gingen wir in unsere Kajüten. Trotz hoher Temperaturen konnten die Meisten schlafen.

Die Götter kochen - Schönwetterwolken über Filicudi
Die Götter kochen - Schönwetterwolken über Filicudi

31. August

 

Nach einem ausgiebigen Frühstück bestückten wir das Beiboot mit dem Aussenbordmotor und gingen an Land. Einzig unser Koch blieb an Bord. Er hatte erbrochen und war froh, nicht zu viel zu unternehmen. Einige mieteten auf der Insel Roller und andere machten im Ort Einkäufe. Ein kleiner Spaziergang gab uns einen kleinen Eindruck der Vegetation von der vulkanischen Insel. Etwa um zwei waren alle wieder an Bord. Der Skipper stellte fest, dass nicht mehr viel Süsswasser im Tank war und schlug vor, dass wir im nächsten Dorf am Hafen nach Wasser fragen. Wir konnten dort Wasser auftanken. 200 Liter zu stolzen 20Euro. Mit frischem Wasser an Bord ging es weiter zur Insel Liparie. In einer Bucht legten wir an. Vor uns ein Bimssteinbruch, gegen die Bucht eine wunderschöne Wasserfarbe, hinter uns das offene Meer. Die Überfahrt nach Liparie war wie schon so oft, nicht von reichem Wind gesegnet. Wiederum musste uns der Schiffsmotor befördern.

Einen Teil der Mannschaft suchte im Steinbruch nach Bimssteine und anderen schönen Mitbringsel. Andere badeten und relaxten ausgiebig. Christoph und Robert übten sich das erste Mal im Leben im Kopfsprung. Erfolgreich!

Wir beschlossen vor dem Abendessen, am kommenden morgen um vier den Anker zu lichten und zum Stromboli aufzubrechen. Die Nacht dazwischen war schwülwarm. Ich konnte kaum schlafen.

Glasklares Wasser
Glasklares Wasser

1. September

 

Wie geplant zogen wir um vier Uhr morgen den Anker an Bord und machten die Reling bereit zur Abfahrt. Leider müssen wir wieder mit einem Motorengeräusch in den Morgen starten. Der Wind war flau und die Hitze schon morgens um vier so, dass man mit nacktem Oberkörper auf dem Boot stehen konnte.

Im Gegenlicht zu einem wunderbaren Sonnenaufgang erschien majestätisch der Vulkan Stromboli vor uns. Eine grosse Wolke steht direkt über dem dampfenden Berg. Die Eruptionen verzauberten zwischenzeitlich den Himmel mit magischen Figuren, welche sich von einem Gummibärchen zu einem Elefantengesicht mit überdimensionalen Stosszähnen und eingestauchtem Rüssel verzaubern. Voller frühmorgendlicher Eindrücke erreichten wir die Küste des feuerspeienden Berges. Wir verweilten einige Zeit vor der Shiara Del Fuoco und beobachteten die Eruptionen des Kraters und warteten gespannt darauf, dass die ausgespuckte heisse Gesteinsmasse über die Shiara Del Fuoco ins lauwarme Meer kullerten. Beim Ausbruch röhrt der Berg ähnlich einem brünstigen Hirsch. Nach sekundenlanger Stille hört man die Lavabrocken auf die „Rutschbahn“ fallen, herunterkullern ähnlich schiffernder Steine um zuletzt mit einer riesigen Fontäne im Meer für immer zu versinken. Und schon ist der Spuk vorbei um in einigen Minuten sich wieder einzigartig zu reproduzieren. Tag für Tag, Jahr für Jahr bis der Vulkan in der Ewigkeit seine Magie verliert, erlischt und zu einer ganz normalen zauberhaften Insel wandelt - wie jede andere hier auch.

Der Strombolino - Vulkankern mit Leuchtturm
Der Strombolino - Vulkankern mit Leuchtturm

Kurz vor Mittag erreichten wir den Ort auf der Insel. Das Dorf hat seinen Namen vom Vulkan erhalten: Stromboli! Nach dem Mittagessen zogen sieben Mann los um auf den Kraterrand zu steigen. Der Skipper und ich – wegen eines verstauchten Fusses - blieben auf dem Boot zurück und machten uns einen gemütlichen Nachmittag. Wir schauten uns das Dorf an. Danach verbrachten wir die Zeit mit Diskutieren und „sünnele“ auf dem Boot. Die erste Gruppe war um etwa 23Uhr vom Aufstieg zurück am Hafen: Marcel, Claudio und Christoph! Christian und Felix sind der Gruppe vorgeeilt. Der Rest hat sich eine Pause gegönnt um sich zu erholen und sich mit mit Sandwiches zustärken. Während dieser Zeit sind die beiden Voreilenden einer geführten Gruppe begegnet. Der Führer machte den beiden energisch klar, dass ein Besteigen des Kraterrandes ohne fachkundige Führung, nicht gestattet sei.. Beeindruckt vom wild gestikulierenden Bergführer, beschlossen die zwei, zur Gruppe zurückzusteigen um von der Begegnung und den Anweisungen zu berichten.

Fünf der Gruppe beschlossen, zurück zu kehren. Clemens und Felix wollten trotz Verbot auf den Krater steigen, um am beeindruckenden Schauspiel der Vulkanausbrüche aus der Nähe teilzuhaben. So hatte sich die Gruppe getrennt. Die Zweiergruppe stieg, sobald keine Menschen mehr auf dem Krater waren dennoch nach oben gestiegen. Den Abstieg der beiden Gruppen will ich hier nicht festhalten. Wichtig ist lediglich, dass alle wieder gesund unten ankamen. Ausserdem: Geheimnisse nähren einen Mythos. So soll es sein. Oder?

Stromboli - Ausbruch
Stromboli - Ausbruch

2. September

 

Morgens um vier war erneut Aufbruch. Noch einmal zeigte uns der Stromboli in der Morgendämmerung seine feurigen Ausbrüche. Mit Baden in lauschigen Buchten und ein paar spärlichen Minuten Segeln erreichten wir am Abend wiederum Liparie. Die Insel Panarea besuchten wir nicht und liessen sie links liegen. An diesem Abend legten wir das einzige Mal fest im Hafen von Liparie an. Dieser Ort ist der Hauptort der gesamten liparischen Inselgruppe hat der Name von der wunderschönen Insel bekommen. In der Abenddämmerung schauten wir uns das mediterrane Städtchen an und schlossen den Tag beim Filipino mit einem leckeren Nachtessen ab.

Fisch und Antipasti - gibts auch in Liparie nicht ganz gratis
Fisch und Antipasti - gibts auch in Liparie nicht ganz gratis

3. September

 

Der letzte Tag ohne Festlandkontakt bricht an. Das Frühstück wurde noch im Hafen gegessen. In einer Bucht bei der Insel Vulcano badeten wir und konnten von den Felsen springen.

Nachmittags treten wir die Überfahrt nach Palermo an. Während der Dämmerung besuchten uns noch Delphine. Sie waren in Eile. Die Begegnung war so kurz, dass es niemand schaffte nur ein einziges Bild von den Meeressäugern zu machen. Das Segel zu setzen war oftmals nur von kurzer Dauer. Nach einem wunderschönen Sonnenuntergang organisierten wir die Wache für die nächtliche Fahrt nach Palermo. Kurz vor ein Uhr nachts kreuzten wir die Wellen eines anderen Schiffes. Die Höhe der drei Brecher war so beeindruckend, dass sie über den Bug unseres Seglers schwappten und die Kajüte beim Bug durch die offene Dachluke erfolgreich durchnässte. Mein Schrecken war gross, weil ich nicht geahnte, dass ein Schiff solch riesige Wellen erzeugen kann. Was wird wohl, wenn ein Sturm auf offener See aufkommt?

Klippenspringen
Klippenspringen

4. September

 

Die Delphine haben unseren Weg nicht mehr gekreuzt. Gegen morgen konnten doch noch die Segel gesetzt werden und mit einem schönen Tempo segelten wir der Küste Siziliens entgegen. Während des Morgengrauens konnten wir schon die Küste ausmachen. Wir sind in der Nacht gut vorwärts gekommen, so dass wir noch eine Küstenbucht zum Baden suchten. Uns fiel auf, dass an der Küste nicht mehr das ungetrübt saubere Wasser war, wie draussen auf den Inseln. Dennoch badeten wir noch einmal und ein Felsen lud sogar zum Springen ein.

Kurz nach dem Mittag brachen wir endgültig auf und bereiteten uns zur Einfahrt in den Hafen von Palermo vor. Auch war immer noch genügend Wind, so dass wir bis kurz vor Hafeneinfahrt mit gehissten Segeln fahren konnten. Nach sechs wunderbaren Tagen erblickten wir unseren Starthafen. Zuerst musste aber noch das Schiff getankt werden. Danach wurde Neptun Planet zum letzten Mal festgebunden. Noch am Abend konnten wir unser Segelschiff wieder übergeben und durften ein letztes Mal in den Kajüten übernachten. Vorher aber sind wir noch einmal rein nach Palermo gezogen und haben weitere Teile der Stadt besichtigt. Durch eine lange Marktgasse, wo alles Alltägliche und auch viel Aussergewöhnliches feil geboten wurde, schlenderten wir dem Restaurant entgegen. Dort assen wir ein letztes mal und schon bald kehrten wir in den Hafen zurück. Zum letzten mal eine schwülwarme Nacht.

Die Crew
Die Crew

5. September

 

Um 07:00 Uhr brachten zwei Taxi uns zum Flughafen. Stefan, der Skipper und Clemens blieben noch zurück und räumten fertig auf. Clemens bleibe noch einen Tag auf Sizilien und Stefan besuchte mit seinem Auto noch eine Bekannte.

Währen der Rückreise mit dem Flug von Palermo nach Malpensa herrschten gute Sichtverhältnisse. Viele Inseln konnten von oben erkannt werden. Nach dem reibungslosen Auschecken ging es mit dem Bus nach Galarate. Nach einer kurzen Mittagspause und einer kleinen Geburtstagsfeier zu Ehren Claudios stiegen wir wieder in einen Zug. Diesmal bis nach Brig. In Brig kam noch einmal Hektik auf. Der Cisalpino hatte sich verspätet, so dass wir uns für den geplanten Anschlusszug sehr beeilen mussten. Dennoch kamen wir alle pünktlich und glücklich nach eine wundervollen Woche wieder zu Hause an.

 

Der letzte Sonnenuntergang
Der letzte Sonnenuntergang